Prolog
Drei maskierte Männer liefen mir über
den Weg. Es geschah am frühen Morgen, als ich auf dem Weg zur Schule
war. Normalerweise waren um diese Uhrzeit schon sehr viele Leute
unterwegs, aber an diesem Tag waren alle Straßen wie leergefegt.
Niemand konnte mich hören, als ich ganz laut schrie. Ich wollte an
den Männern vorbeigehen, aber ein maskierter Mann hielt mich fest.
Ich wusste sofort, dass das nichts Gutes zu bedeuten hatte. Es gelang
mir nicht, mich loszureißen. Die Männer lachten mich aus.
„Was kannst du uns anbieten? Handy?
Geld? Schmuck? Andere Wertsachen?“, fragte mich der Mann, der mich
festhielt. Dachten diese Männer etwa wirklich, dass ich ihnen meine
Wertsachen geben würde? Nur über meine Leiche!
Ich schüttelte den Kopf: „Lasst mich
in Ruhe!“ „Willst du etwa sterben?“, wollte ein anderer Mann
wissen. Er holte ein scharfes Messer aus seiner Tasche heraus – und
er hielt es mir vor das Gesicht. Ich ließ mich nicht einschüchtern.
„Ihr könnt mich nicht umbringen! Ich
kann Feuer speien! Ich kann euch verbrennen!“, stellte ich klar.
Die Männer lachten mich schon wieder aus. Glaubten sie mir etwa
nicht? Ich hatte eine ganz besondere Gabe. Mein Vater hatte vor
dreißig Jahren einen Drachen besiegt. Dadurch hat mein Vater die
Fähigkeit dazu bekommen, Feuer zu speien. Diese Fähigkeit habe ich
von ihm geerbt. In diesem Augenblick war ich sehr dankbar dafür,
dass ich Feuer speien konnte.
Ein Mann berührte mit der Messerspitze
meinen Hals. Er flüsterte, dass er mir den Hals aufschlitzen würde,
wenn ich ihm meine Wertsachen nicht freiwillig geben würde. Ich
sollte lieber mitspielen, sonst müsste ich mit dem Leben bezahlen.
Ich schüttelte den Kopf.
Sie haben sich das falsche Opfer dafür
ausgesucht – ich würde mich nicht berauben lassen! Es ging mir gar
nicht um die materiellen Dinge, sondern um meinen Stolz. Wenn ich die
Sachen einfach hergeben würde, dann würde es sehr erniedrigend für
mich sein. Ich hatte schließlich eine Gabe!
„Du kannst Feuer speien?! Das wollen
wir sehen! Nicht wahr, Freunde?“, konnte ich wahrnehmen. Die
anderen Männer nickten. Okay – sie wollten es wohl nicht anders!
Diese Idioten!
Sie spielten mit dem Feuer – mit dem
Leben – und sie wussten es nicht einmal. Ich öffnete meinen Mund
und ich wollte Feuer speien, aber es funktionierte nicht. Das lag
wohl daran, dass ich mich nicht richtig konzentrieren konnte. Ich
stand unter Schock. Die Männer lachten.
Vielleicht spielte ich mit dem Leben.
Sollte ich einfach aufgeben? Wenn es mir nicht gelingen würde, Feuer
zu speien, dann würde ich gar keine Chance gegen diese Männer
haben. Verdammt!
Ich hatte immer gedacht, dass mir so
etwas nie passieren könnte, weil ich mich immer verteidigen könnte.
Es funktionierte jedoch nicht. Ich könnte ausrasten, aber was würde
mir das bringen? Die Männer dachten nun bestimmt, dass ich verrückt
sein würde. Es war mir egal, was sie dachten. Die Messerspitze
berührte immer noch meinen Hals. Ich konnte mich nicht wehren.
Ich versuchte es noch einmal, aber ich
konnte einfach kein Feuer speien. Nicht in dieser Situation. Ich
müsste mich beruhigen. Vielleicht würde es dann funktionieren.
Das Problem war jedoch, dass ich mich
nicht beruhigen konnte. Ich hatte Todesangst. Die Männer sahen so …
gefährlich aus. Wieso holten sie sich die Sachen nicht selbst? Es
würde wohl eine Genugtuung für sie sein, wenn ich ihnen meine
Wertsachen „freiwillig“ geben würde.
„Okay, … okay. Ich werde euch mein
Handy geben. Und mein Geld. Mehr habe ich nicht. Werdet ihr mich in
Ruhe lassen, wenn ich euch die Sachen geben werde?“, wollte ich
wissen.
„Ja, wir werden gehen. Wir wären
schon längst gegangen, wenn du uns die Sachen sofort gegeben
hättest. Wenn du sterben würdest, würdest du diese Sachen
schließlich sowieso nicht mehr brauchen.“, meinte ein Mann.
Ich öffnete meine Schultasche. Dann
holte ich mein Handy und meine Geldbörse heraus. Ich gab dem Mann,
der mich festhielt, mein Handy und fünfzig Euro. Mehr Geld hatte ich
nicht dabei.
„Ist das etwa wirklich alles?“,
fragte mich der Mann. Was hatte er denn erwartet? Tausend Euro? Wieso
sollte ich so viel Geld mitbringen?
„Ja, das war wirklich alles.“,
stellte ich klar.
„Und was ist mit deiner Kette? Sie
ist mit Sicherheit auch etwas wert.“, meinte ein Mann. „Nein,
nicht meine Kette. Sie, … sie ist gar nichts wert. Sie bedeutet mir
jedoch sehr viel.“, sagte ich. Es ist mir leichter gefallen, mein
Handy herzugeben als meine Kette. Das könnten die meisten Menschen
mit Sicherheit nicht verstehen. Meine Kette war besonders. Mein Vater
hat den Drachen-Anhänger im Elfenwald gefunden.
Im Elfenwald hat es früher sehr viele
Drachen gegeben, aber mittlerweile waren alle Drachen besiegt. Der
Anhänger sollte mir immer Stärke und Mut verleihen. Hatte er nicht
sowieso schon versagt? Ich musste die Kette hergeben – ich hatte
gar keine andere Wahl. Widerwillig zog ich die Kette aus – dann
drückte ich sie einem Mann in die Hand. Dann waren die Männer
zufrieden – und sie ließen mich gehen. Ich ... ging zur Schule.
Kapitel 1
War es nicht lächerlich, dass ein
Mädchen, das Feuer speien konnte, Selbstverteidigung lernen musste?
Niemand zwang mich dazu, aber es fühlte sich dennoch falsch an. Was
würde es mir bringen, mich verteidigen zu können, wenn ich wieder
unter Schock stehen würde? Könnte ich die Techniken der Kampfkunst
dann etwa anwenden? Vielleicht würde ich mich dann etwas sicherer
fühlen. Wenn ich keine Angst haben würde, dann könnte ich bestimmt
Feuer speien.
Vielleicht würde sich niemand dazu
trauen, sich mit mir anzulegen, wenn ich einen schwarzen Gürtel
tragen würde. Dachte ich etwa wirklich, dass ich irgendwann so weit
kommen würde?
Ich habe mich vor zwei Jahren im
Taekwondo- Verein angemeldet. Damals ist mir klargeworden, dass ich
mehr können müsste, um mich immer wehren zu können. Es reichte
wohl nicht aus, Feuer speien zu können.
Im Verein durfte ich gar kein Feuer
speien – nein, ich musste meinen Gegner mit bloßen Händen und
Füßen schlagen. Mittlerweile war ich gar nicht mehr so schlecht
darin – und ich wurde immer besser. Wenn es wirklich darauf
ankommen würde, würde ich jedoch so viel Angst haben, dass ich
nichts mehr können würde. Wieso ging ich überhaupt in den Verein?
War es nicht sinnlos? Vielleicht ging ich nur hin, weil es mir Spaß
machte. Ich fühlte mich stärker.
Vor zwei Wochen hat sich ein Junge in
diesem Verein angemeldet. Er war wirklich sehr gut – für einen
Neuling. Manchmal konnte ich mich gar nicht richtig konzentrieren,
weil ich ihn ständig anschauen musste. Es ist viel einfacher
geworden, mich zu schlagen, seitdem der Junge aufgetaucht ist. Fiel
ihm auf, dass ich ihn immer wieder anstarrte? Er hatte
haselnussbraune Augen und glänzende, schwarze Haare, die er zu einem
Pferdeschwanz zusammengebunden hatte.
Manchmal trafen sich unsere Blicke,
aber er schaute dann sofort wieder weg. Hatte er kein Interesse an
mir? Vielleicht müsste ich ihm zeigen, was ich wirklich drauf hatte,
um ihn zu beeindrucken. Ich durfte mich nicht ständig ablenken
lassen. Vielleicht dachte der Junge, dass ich die Kampfkunst gar
nicht beherrschen würde. Dafür, dass ich schon zwei Jahre lang in
diesen Verein ging, würde das wirklich sehr schlecht sein. Als ich
gegen ein Mädchen in meinem Verein antreten musste, konzentrierte
ich mich auf den Kampf. Ich wollte das Mädchen besiegen – um jeden
Preis. Es fühlte sich so an, als würden wir zusammen um den Jungen
kämpfen. Ich wusste nicht einmal, wie er hieß, aber ich mochte ihn.
Wieso mussten die Jungs immer um die Mädchen kämpfen? Ich drehte
den Spieß einfach um – und ich kämpfte mit meiner Gegnerin, um
den Jungen zu beeindrucken. Wenn ich das Mädchen besiegen würde,
dann müsste mich der Junge ins Kino einladen. Natürlich wusste er
nichts davon. Ich habe noch nie mit ihm geredet. Vielleicht würde
ich ihn gar nicht mehr mögen, wenn wir miteinander sprechen würden.
Möglicherweise würde sich herausstellen, dass wir keine
Gemeinsamkeiten haben würden. Dann würde ich kein Interesse mehr an
dem Jungen haben. Wir gingen zwar zusammen in den Verein, aber ich
würde gerne einen Freund haben, der noch viel mehr Gemeinsamkeiten
mit mir haben würde. Wieso machte ich mir Gedanken darüber? Der
Junge hatte möglicherweise gar kein Interesse an mir. Vielleicht war
er sogar davon genervt, dass ich ihn so oft anschaute.
Diesmal schaute ich ihn bewusst nicht
an, weil ich mich konzentrieren musste. Es gelang mir tatsächlich,
das Mädchen zu schlagen. Hat der Junge überhaupt zugeschaut? Ich
hoffte es.
Ich schaute den Jungen an. Diesmal wich
er meinem Blick nicht aus. Er schenkte mir ein Lächeln.
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