Montag, 3. Juni 2013

Das perfekte Weihnachtsgeschenk-Leseprobe


Kapitel 1



24.12.12. Es war Heiligabend. Im Fernsehen lief irgendein dämlicher Weihnachtsfilm und im Radio waren nur noch Weihnachtslieder zu hören. Der Duft erinnerte an leckere, gebackene Plätzchen. Weihnachten sollte eigentlich der schönste Tag im Jahr sein und ich habe gehofft, dass der Tag auch für mich wunderschön sein würde. Es herrschte auf alle Fälle eine sehr schöne Atmosphäre in der Wohnung. Ich liebte Weihnachtslieder, auch wenn ich sie so gut wie jedes Jahr zu hören bekommen habe. Sie hatten ihren Zauber immer noch nicht verloren und sie machten Weihnachten einfach … zauberhaft. Ich liebte Weihnachten! An Weihnachten sollten eigentlich Träume in Erfüllung gehen! Weihnachten sollte eigentlich das Fest der Liebe sein. Ich kannte die Bedeutung von Weihnachten. Meine Mutter hat mich früher jedes Jahr damit genervt. Sie wollte, dass ich Weihnachten nicht nur wegen den tollen Geschenken liebe. Na ja, ehrlich gesagt würde Weihnachten ohne Geschenke gar kein richtiges Fest sein. Liebe hin oder her! Ohne Geschenke würde Weihnachten irgendwie seinen Glanz verlieren. Das habe ich früher immer gedacht ...

Eigentlich sollte Weihnachten so werden wie jedes Jahr, doch in diesem Jahr war alles anders. Ich wusste nur zu gut, dass ich in diesem Jahr auf die Geschenke verzichten müsste. Ich war in diesem Jahr schließlich selber das Weihnachtsgeschenk. Wortwörtlich. Das war nicht gerade sehr … erfreulich, aber ich habe versucht, Heiligabend trotzdem zu genießen. Ohne Geschenke! Ich habe gehofft, dass ich „wenigstens“ Liebe bekommen würde. Die Hoffnung gab mir Kraft. Die Erinnerungen an die vorherigen Weihnachtsfeste konnten mich ein wenig in Weihnachtsstimmung bringen. Die Lieder und der schöne Duft der Plätzchen erinnerten mich daran. Nun würde aber alles anders sein. Alle meine Freunde würden bestimmt ein perfektes Weihnachtsfest haben. Ein schönes Fest mit ihrer Familie. Geschenke. Liebe. Na ja, daran durfte ich gar nicht denken. Wenn ich in diesem Jahr etwas gelernt habe, dann das man immer positiv denken muss. Ich habe versucht, positiv zu denken. Ich hatte ja noch die Hoffnung, dass bald alles besser werden würde. Vielleicht musste ich ja nur noch ein wenig Geduld haben. Natürlich würde dieses Weihnachtsfest nicht so schön werden können wie die Vorherigen, aber es würde mir schon Freude bereiten, wenn ich es überhaupt „schön“ oder sogar „zauberhaft“ nennen könnte. Ich würde Weihnachten nur ungern als „schrecklich“ bezeichnen wollen. Ich habe auf eine Wendung gehofft. Ein kleines Weihnachtswunder. Es war immerhin Heiligabend. Ich wollte so viel Spaß haben wie alle Anderen, doch das konnte ich mir natürlich gleich abschminken. Ich musste versuchen, Heiligabend zu genießen. Die Erinnerungen an das letzte Weihnachtsfest waren sehr schön. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Weihnachten auch in diesem Jahr schön werden würde. Ich würde so gerne tanzen oder singen. Ich würde so gerne umarmt werden, doch keiner schien sich für mich zu interessieren. Ich habe gehofft, dass es sich bald ändern würde. Spätestens dann, wenn die Weihnachtsgeschenke ausgepackt werden würden. Ich wollte im Mittelpunkt stehen – wenigstens ein paar Minuten lang. Ich würde so gerne leckere Plätzchen essen und Geschenke bekommen, doch ich wusste nur zu gut, dass ich in diesem Jahr darauf verzichten müsste. Keine Plätzchen. Keine Geschenke. Ich würde mich schon glücklich schätzen, wenn man sich überhaupt um mich kümmern würde. Ich war noch voller Hoffnungen. Ich wollte doch nur beachtet werden, mehr nicht. Es war ziemlich blöd, nur ein Weihnachtsgeschenk zu sein. Na ja, ich habe aber versucht, es positiv zu sehen. Geschenke sind etwas Schönes. Der Beschenkte würde sich bestimmt freuen, wenn er mich sehen würde. Wann würden die Geschenke denn endlich ausgepackt werden? Ich bin schon immer sehr ungeduldig gewesen, was die Geschenke betroffen hat. Nun konnte ich es aus einem anderen Grund kaum erwarten. Ich wollte das glückliche Gesicht des Beschenkten sehen. Er würde bestimmt überglücklich sein. Wenn ich schon selber kein wunderschönes Weihnachtsfest haben könnte, dann wollte ich wenigstens jemand anderem ein schönes Weihnachtsfest bescheren. Das würde mich irgendwie glücklich machen. Es machte mich schon glücklich, mir das glückliche Gesicht des Beschenkten vorzustellen. Seine strahlenden Augen. Sein Lächeln. Dann würde ich immerhin nützlich sein. Aufmerksamkeit bekommen. Ich war schon voller Vorfreude.

Wann würden die Geschenke endlich ausgepackt werden? Ich bin schon immer sehr ungeduldig gewesen …

Die Familie ist vor etwa einer Stunde in die Kirche gegangen. Ich musste mit meinen Eltern auch immer in die Kirche gehen. Früher. Früher war ja alles anders. Früher habe ich sehr viel Liebe bekommen, doch ich habe das nie geschätzt. Ich habe es gehasst, in die Kirche gehen zu müssen, weil ich es irgendwie langweilig gefunden hatte. Nun würde ich alles dafür tun, um an Heiligabend wieder in die Kirche gehen zu können. Wirklich alles. Es machte mich traurig, alleine in der Wohnung zu sein. Unter dem Weihnachtsbaum. Es liefen immer noch Weihnachtslieder im Radio. „Last Christmas“ ist früher mein Lieblingslied gewesen. Als es im Radio lief, habe ich all meine Sorgen und Probleme vergessen können. Ich habe vergessen können, dass nichts mehr so war, wie es einmal war. Für einen kurzen Moment lang. Das Lied war so … schön.

„Weihnachten wird schön. Weihnachten wird so schön wie jedes Jahr.“, hoffte ich. Ich war voller Hoffnungen. Bald würde die Familie sicher wieder nach Hause zurückkehren … Dann würde ich nicht mehr allein sein. Na ja, sie würde ja wohl nicht ewig in der Kirche bleiben! Irgendwann würde sie schon kommen, nur wann? Ich wurde immer ungeduldiger. Nur die Hoffnung gab mir Kraft. Natürlich habe ich mir Heiligabend ganz anders vorgestellt, aber ich hatte immer noch die Hoffnung, dass alles besser werden würde, nachdem die Geschenke ausgepackt werden würden. Vielleicht würde der Beschenkte ja sogar in Freudentränen ausbrechen, wenn er das ganz besondere Geschenk auspacken würde. Ich war schließlich etwas ganz Besonderes. Kein blödes Kleidungsstück oder Spielzeug. Ich würde dem Beschenkten bestimmt mehr als nur ein Lächeln ins Gesicht zaubern können. Ich würde vielleicht sogar das ganze Fest zu etwas ganz Besonderem machen können. Der Gedanke war schön. Ich glaubte an den Zauber von Weihnachten. Weihnachten ist früher immer mein Lieblingsfest gewesen. Wegen den Geschenken, versteht sich …

Nun war jedoch alles anders. In diesem Jahr würde mich schon jede Kleinigkeit erfreuen können. Ich würde schon in Freudentränen ausbrechen, wenn mir jemand eine schöne Weihnachtskarte per Post schicken würde, doch wer würde das schon machen? Keiner. Ich war nun hier. Unter dem Weihnachtsbaum. Kaum einer wusste, dass ich hier gelandet bin. Wer würde mir schon eine Weihnachtskarte schicken können? Niemand.

Nun, es würde bestimmt andere schöne Dinge in diesem Jahr geben. Ich würde einige Menschen glücklich machen können. Würde das nicht perfekt sein? Ich habe mir schon ausgemalt, wie der Beschenkte auf mich reagieren würde. In meinem Kopf war alles wundervoll. Zauberhaft, einfach nur zauberhaft. Würde es auch in der Realität so wundervoll sein? Ich wusste es nicht, noch nicht. Bald würde ich es bestimmt erfahren. Ich habe an ein Märchen geglaubt.

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